Ich heiße Uwe Männicke, bin 66 Jahre
alt und sitze seit etwa ca. 48 Jahren im Rollstuhl. Die weitreichende
Lähmung auf alle 4 Extremitäten forderte nach
einer Beschäftigung, die Spaß machte und ganz
nebenbei die noch vorhandenen wenigen Restfunktionen trainierte.
Aus früheren unbehinderten Tagen war das Hobby der Modelleisenbahn
übriggeblieben; zu DDR-Zeiten hatte ich mit der Spur der
Mitte, mit TT, eine Anlage aufgebaut. Aus diesen Tagen existieren
nur noch einige Sammlerstücke in der Vitrine, der größte
Teil der Sammlung war bereits im Besitz des modelleisenbahnbegeisterten
Neffen, die aber leider inzwischen gestohlen wurde )-: .
Neben der Beschäftigung mit der
Gartenbahn fordert der Computer eine Menge Zeit. Nicht nur,
daß mit der Maschine der Gleisplan erstellt wurde, irgendwann
soll auch die Steuerung der Fahrzeuge ausprobiert
werden. Letztlich gehört auch die Pflege dieser Seite zu dieser Art von Beschäftigung - notfalls auch in einem Krankenhaus. Aber Rentner haben ja nie Zeit.
Darüberhinaus beschäftige ich
mich auch bißchen mit Grafik am Computer und der Bearbeitung bewegter Bilder.
Zusammen mit den Sprachkenntnissen in Englisch und Französisch
realisiere ich zusammen mit anderen Leuten Projekte im
Internet. Wenn irgendwo in der Bekanntschaft der Computer
“klemmt“, dann bin ich natürlich auch ein gesuchter
Ansprechpartner. Seit ich die Plattform gewechselt habe, ist das aber merklich ruhiger geworden... (-;
Da trotz der schweren Behinderung noch ein Rest an Beweglichkeit
übriggeblieben ist, engagiere ich mich auch für
andere Behinderte, die nicht soviel “Glück“ hatten
wie ich. Wen dies interessiert, der konnte beim Klub für
Körperbehinderte und ihre Freunde e.V. in Bitterfeld
vorbeischauen, der inzwischen aber aufgelöst wurde.
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Hier noch einige wichtige Stationen aus meinem Leben:
- 1958 als
Kind einer Arbeiterfamilie in Wolfen geboren. Schon damals
hatte ich Glück: Wolfen war ein Schwerpunkt der chemischen
Industrie Mitteldeutschlands und die Luftverschmutzung
war schon damals beträchtlich. Viele Kinder erkrankten
an den Atemorganen - mir blieb es erspart. Die Chemie blieb
auch bei uns in der Familie ein Thema: Vater war Laborant.
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Ein Kramen in alten Fotokisten förderte Schätze zutage, deren Ursprung schon mehr als
ein halbes Jahrhundert zurückliegt.
Um das Jahr 1963 entstand diese historische Aufnahme, die deutlich zeigt, woher meine Obszession
für diese miniaturisierten Schienenfahrzeuge stammt. Mein Vater hatte aus seiner Jugendzeit eine
alte uhrwerkbetriebene Märklineisenbahn aus Blech, deren Schienen regelmäßig zur Weihnachtszeit
aufgebaut wurden.
Zumindest wird auf diese Weise der alte Kalauer bestätigt, in dem gefragt wird, was Frauenbrüste und
Modelleisenbahnen gemeinsam haben - richtig - für die Kinder sind sie gedacht, aber die Väter
spielen damit...
In diesem Fall bin ich 5jähriger Steppke nicht sonderlich davon begeistert, nur "Tunnel"
spielen zu dürfen, während Vater das altersschwache Uhrwerk der damals rund 40jährigen
Lok anschiebt.
Leider existiert von dieser Modellbahn heute nichts mehr, sie wäre ein kostbares Sammlerstück.
Es existieren lediglich noch Fotos aus der Zeit, die damals von Muttern mit einer ebenso
alten Altix 5
gemacht wurden. Diese Kamera existiert aber noch für mich als Fotointeressierten.
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- Die nächsten 18 Jahre verliefen ganz
normal. Erwähnenswert ist nur das Weihnachtsfest
1969: Ich bekam eine Modelleisenbahn (Spur TT) geschenkt.
Da hatte ich mich dann mit der unheilbaren Krankheit Modellitis
Eisenbahnitis angesteckt.
- 22.08.1976
- Innerhalb eines Trainingslagers meines damaligen Schwimmvereins
erlitt ich einen schweren Unfall, der eine komplette
Tetraplegie (Querschnittslähmung über alle Extremitäten)
im Bereich C5-C6 mit Querschnittsgrenze Sub C7 zur Folge
hatte. Es begann ein schwerer Kampf meiner Familie um meine körperliche
Rehabilitation sowie materielle Absicherung. Die grotesken
Folgen dieses Kampfes äußerten sich z.B. in der Tatsache,
daß die Armee (auf deren Gelände der Unfall geschah)
ein halbes Jahr jegliche Auskunft darüber verweigerte,
vielmehr war man dort der Meinung, da sei gar kein Unfall geschehen.....!
Man äußerte gegenüber meiner Mutter, daß
sich das Problem vielleicht sogar von selbst erledigt...
- 1977 -
80 - zäher Kampf um das körperliche Überleben.
Die Ärzte gaben mir nicht mehr als 3 Jahre. In der
Zwischenzeit konnte ich mit der einmaligen Unterstützung
meiner damaligen Lehrer mein Abitur in Heimbeschulung nachholen.
Nebenbei absolvierte ich Sprachkundigenprüfungen (Englisch),
die dann einen Teil meiner berußichen Grundlage bilden sollten.
Nebenbei begann ich wieder mit dem körperlichen Training.
Zunächst nur Rollen im Rollstuhl, dann Leichtathletik (technische
Disziplinen und Fahren mit Teilnahme an Wettkämpfen) und
später dann Schwimmen bzw. Tauchen. Mit dem Rollen obwohl nur
zum Erhaltung der Fitness komme ich in der warmen Jahreszeit auf
ca. 60 km die Woche, was seit 1983 regelmäßig betrieben
wird und mich kilometermäßig die Erde zumindest
schon einmal hat umrunden lassen. Eine andere Folge dieser
Betätigung: ich kann seit Mitte der achtziger Jahre auf
die Einnahme von Medikamenten - insbesondere den Psychopharmaka
mit ihren schweren Nebenwirkungen - vollkommen verzichten.
- In den achtziger Jahren fand ich den Kontakt
zu einer Behindertengruppe in der damaligen Evangelischen
Stadtmission Bitterfeld - unser damaliger Klub.
Das Engagement in einem kirchlichen Verein sollte noch zu
Schwierigkeiten im Umgang mit staatlichen Behörden führen. Für mich war
es eine der wenigen Möglichkeiten
aus dem Haus zu kommen (ich machte erst 1986 den Führerschein). Der
Kontakt mit anderen Behinderten ließ mich wieder Kraft “tanken“. Mit
ihnen zusammen hatte ich damals den ersten Kontakt mit der Computerwelt
- der C64 von Commodore. Wir probierten alles aus - Datasette, C64 mit
Diskettenlaufwerk, Spieleladen ohne Turbolader (dauerte ca. 20 min. -
heute schon unvorstellbar). Interessant war dann nur, wenn beim
Nachbarn der Waschvollautomat mit seinen schweren Schaltschützen
ansprang und das Stromnetz in die Knie ging -> Load Error = Load
Terror - also das ganze noch mal von vorn. Die DDR bot nicht viele
Möglichkeiten des Kontaktes mit dieser Technik. Ich lernte den KC 85/2
(etwas in der Art des ZX 81 von Sinclair) sowie der PC 1715 (ein
8-Bit-PC
- im Zeitalter von 64 Bit auch nur noch schwer nachzuvollziehen) von
ROBOTRON nur durch private Kontakte kennen. Meine damalige Arbeit als
Fachübersetzer für ORWO verlangte aber geradezu nach dieser Technik.
- Die politische
Situation Ende der achtziger Jahre ließ aber eine
derartige Perspektive nicht zu. Als Behinderter paßte
man nicht ins offizielle Bild des perfekten sozialistischen
Menschen “neuen Typus“, wie es damals hieß. Die politische
Repression in Form der “Stasi“ trat immer mehr in die Öffentlichkeit
- dies zeigte sich z.B. in der Tatsache, daß in einer
alten und fast verfallenen Konsum-Baracke neben dem Lutherhaus
Bitterfeld plötzlich die Scheiben blitzblank geputzt
waren und ein Kameraobjektiv zu sehen war.... Obgleich wir keinerlei
“staatsfeindliche“ Aktivitäten ausübten, wurden wir
in den gleichen Topf wie die “Antragsteller“ (das waren Menschen,
die auf offiziellen Weg mit Ausreiseantrag die DDR verlassen wollten)
oder die “Umweltschützer“ geworfen. Der Spielraum für
öffentliche Aktivitäten der Behindertengruppe wurde
immer enger. Sollten Probleme mit offiziellen Vertretern
der Stadt oder des Kreises besprochen werden, durfte das nicht
im Lutherhaus geschehen (-> kirchliche Einrichtung), obwohl
es für uns Rollstuhlfahrer keine andere Räumlichkeit gab,
die entsprechend zugänglich war!
- 05.01.1990
Kauf des ersten eigenen Computers - ein C128 D von Commodore.
Inzwischen war am 09.11.1989 die Mauer gefallen, die
DDR befand sich in ihren letzten Zügen. Ich tauschte Devisen
zu teilweise horrenden Kursen und konnte mir endlich - im
INTERSHOP - einen entsprechenden Rechner leisten. Bald kamen
auch noch entsprechende Programme dazu - WordStar 3.3, SuperCalc
1.2 sowie dBase 2.41. Die entsprechenden “offiziellen" Raubkopien
von ROBOTRON - Textprozessor, MultiPlan sowie Redabas - erlaubten
(komisch?!?) einen problemlosen Datenaustausch - noch auf 5
1/4-Zoll-Diskette. Diese stürmische Zeit ließ uns
Übersetzer rotieren - jetzt war plötzlich alles möglich.
Ich hatte innerhalb meines damaligen Betriebes den ersten Online-Kontakt
(irgendeine Wirtschaftsdatenbank in London). Das größte
Problem beim Zustandekommen dieses Online-Kontaktes war übrigens
die Telefonverbindung nach Leipzig zum Einwahlknoten - die Vermittlungsstellen
dorthin stammten aus dem Jahr 1928.
- Allerdings
erschien bald auch der Pferdefuß der neuen Entwicklung
- die alten Betriebe waren zu teuer und konnten nicht überleben.
So wurde auch ich Ende 1991 entlassen.
Bis August 1993 arbeitete ich noch gelegentlich
als freiberuflicher Übersetzer. Zwischenzeitlich war
aus dem C128 (der immer noch läuft!) ein 386iger von Peacock
geworden. Endlich lief alles runder, bloß arbeitsmäßig
war Ebbe. Da kam mein Rehabilitationsträger mit dem Angebot
einer Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann (schreckliches Wort - deswegen gibt es diesen Beruf auch nicht mehr (-; )
in Regenstauf/Regensburg beim Berufsförderungswerk Eckert
auf mich zu. Ich nahm an und büffelte in den folgenden 2
Jahren C, COBOL, Buchführung, AWL etc. In dieser Zeit bekam
ich auf meinen Reisen durch Bayern verschiedene Kontakte zu Personen,
die sich mit Gartenbahnen beschäftigten. LGB in Nürnberg
war auch nicht weit weg. Die Modellitis Eisenbahnitis kam
also wieder voll zum Ausbruch. Ich nahm mir vor, wenn ich die IHK-Prüfung
bestehe, baue ich eine Gartenbahn auf. Das Ergebnis der IHK-Prüfung
dürfte inzwischen klar sein...
- Zum Hobby
Modelleisenbahn kam 1997 das Internet (die erste Homepage)
sowie das Tauchen mit Preßluftflasche für Behinderte
dazu. Mitglieder des Bitterfelder Schwimmvereins ließen
uns mal am Regler “schnuppern“ und der regelmäßige
Aufenthalt unter Wasser stabilisierte meine körperliche
Situation. Dies ließ einige Ärzte aufmerksam werden
und es besteht die berechtigte Hoffnung, daß aus dieser
Freizeitbeschäftigung mal eine medizinische Therapie
wird.
-
Jahr 2000 - ein neuer Rechner (zum damaligen Zeitpunkt der absolute
Wunschrechner - selbst zusammengestellt und konfiguriert) eröffnet neue
Möglichkeiten: die Videobearbeitung am Computer. Damals noch eine
Pentium-III-Maschine mit 600 MHz und 256 MB SD-RAM, ca. 40 GB
Festplattenkapazität auf SCSI-Basis, DVD und CD-ROM und dem
wichtigsten: eine AV Master 2000 zum Digitalisieren und Bearbeiten von
Videos, die auch heute nach dem Systemwechsel auf Apple ihre
Daseinsberechtigung besitzt. Erste Projekte waren z.B. ein Video über
das Echtdampfhallentreffen in Sinsheim, was in mehreren Ausgaben direkt
bei mir bezogen werden kann. In Verbindung mit einer digitalen Handycam
von SONY kann man bereits im Heimbereich Ergebnisse erzielen, die
nichts mehr mit den kitschigen VHS-Heimvideobildern gemein haben. Das
Beeindruckendste für mich war die
Darstellungsqualität am heimischen Fernseher. Weitere Sachen folgten.
Im Kopf sind noch Ideen über Landschaftsaufnahmen unterlegt mit Musik,
die ich gern höre oder Filme über Gartenbahnfantreffen. Zum ersten Mal
war ich in der Lage, Bilder, die nur in meinem Kopf existieren, auch
für andere sichtbar zu machen und sie entsprechend zu präsentieren.
-
In der Zwischenzeit besuchten viele Interessierte meine Anlage, die
weiteste Anreise hatten Familie Tausis aus Schweden bzw. Familie Peters
aus den USA. Die Anmeldung der Domain www.bahnrolli.de war dann nur
logisch - inzwischen wurde das nicht nur im Internet mein Spitzname.
Meine Popularität nutzend half ich bei der Organisation von
Gartenbahntreffen hier in der Gegend bzw. organisierte selbst welche.
Wir hatten hier in Bitterfeld auch eine wundervolle Möglichkeit (das
IG-Bad - früher
CKB-Bad) dafür, dessen gepflegte Parkanlage bis 2000 zum Baden einlud.
Wir organisierten hier 2 Gartenbahn- und Modellboottreffen, die bei den
Enthusiasten überregional auf volle Begeisterung
stießen. Trotzdem gelang es uns nicht, die hiesigen Menschen/Politiker
für dieses einzigartige bauliche Erbe zu interessieren (die Anlage mit
einer wunderschönen alten Villa wurde Mitte des 19. Jahrhunderts
angelegt und wird
nun zu einem großen See werden -> Grundwasserprobleme). Die Ignoranz
bzw. Untätigkeit lokaler Politiker ließ auch noch das letzte Freibad in
Bitterfeld verschwinden...schade )-: Das Treffen fand dann ab 2001 in
Bad Düben statt in der Hoffnung, daß diese Tradition hier in der Region
Fuß faßt. Leider mußte das Treffen dann doch noch mal umziehen - mein
Mitinitiator und -organisator Tino Schmidt, der zuvor auch das
Bitterfelder Schwimmbad leitete, erlitt im September 2004 leider einen
Motorradunfall, der für ihn tödlich endete.
Zustand 2004
Kleine Anmerkung Während
der letzten 350 Jahre war im Zuge der Industrialisierung und dem damit
verbundenen Braunkohleabbau kontinuierlich das Grundwasser im Großraum
Bitterfeld - einem ehemaligen Sumpfgebiet - abgesenkt worden. Seit 1990
stehen die Pumpen still mit dem Ergebnis, daß die niedrig gelegenen
Punkte in Bitterfeld - wie z.B. das IG-Bad - “nasse Füsse“ bekommen.
Das Hochwasser 2002 in Mitteldeutschland beschleunigte diesen Prozeß,
sodaß gute Aussichten bestehen, daß ein großer Teil der Stadt mal
wieder Sumpfgebiet wird I-:
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Foto: Henning Triebel
- Viel
unterwegs nicht nur wegen Gartenbahn oder Tauchen, zeigte ich z.B.
einem amerikanischen Gast in 3 Tagen Kap Arkona, Rostock, Rügen, Berlin
(bei Nacht), Leipzig, Halle/Saale, Naumburg, Weimar/KZ Buchenwald, die
komplette Dübener Heide - die Amerikaner haben einen etwas anderen
Begriff von räumlicher Größe/Ausdehnung (mal eben so 2800 km in 3 Tagen)
(-; , war dabei, wie Tiramisù fast in einem Hundenapf gekocht wurde,
grillte mit auf einem Dachgarten oder filmte das Konzert einer
engagierten Amateurband - ich kam auch mit Menschen zusammen, die mit
Eisenbahn nichts zu tun, sondern offensichtlich eine andere Macke
hatten (-; , mit denen ich mich aber gern unterhalten habe. Die
Produktion von Videos bzw. die damit verbundene Tätigkeit des kreativen
Gestaltens und die Artikulation eigener Gedanken im Kommentar nahm mich
aber zeitlich immer mehr in Anspruch, sodaß für Chats mit
Schwachstromelektrikern, gelangweilten Hausfrauen oder egozentrischen
Intelligenzlern keine Gelegenheit mehr blieb oder ich Lust dazu hatte.
- Der während der Umschulung erlernte Umgang mit Rechentechnik schuf eine Grundlage für eine sinnvolle Tätigkeit. Allerdings nicht in der Richtung, wie ich mit Buchführung und Websites ursprünglich dachte, sondern der alte Wunsch, bewegte Bilder nach eigenen Vorstellungen bearbeiten zu können, sollte mit neuer Ausrüstung nicht nur holpriger Windows-Zeitvertreib werden.
Überhaupt kam es mir so vor, daß das Ende dieses
Lebensabschnitts zeitgleich mit dem Wechsel auf eine andere Systemplattform
offensichtlich dem Abstreifen einer schlechten Angewohnheit glich -
tatsächlich lebte ich plötzlich ruhiger und ausgeglichener. Die neue Technik hat mich keineswegs missionarisch werden
lassen, was die Technologie angeht; allerdings gewinne ich immer mehr
den Eindruck, daß in unserer Gesellschaft das Anderssein zunehmend
schwieriger wird - nein, ich bin nicht schwul und/oder fahre einen AUDI
(-; - aber das Gefühl der Ausgrenzung und damit nicht für voll genommen
werdend kannte ich merkwürdigerweise schon durch den Rollstuhl. Daß
dies für den Gegenüber leicht mal ins Auge gehen kann, bewies ein
Apple-Verkäufer, der mir im Vorfeld zum Systemwechsel mal eben die Funktionsweise eines
Rechners erklären wollte. 20 min lang ließ ich ihn in diesem Glauben.
Dann kam die Frage, wo hier das Chroma-Keying steckt, und es ruckte sichtbar in ihm - nach 2 1/2
Stunden ausführlicher Beratung war ich einerseits optimal informiert
und andererseits gab er zu, etwas gelernt zu haben ....(-;
- Der Tauchschein wurde Realität und Ende November 2001 gleich mal im
Roten Meer ausprobiert (-;. Das Interesse am Behindertentauchen wurde
dann
auch im Fernsehen sichtbar: Am 30.06.2001 brachte das
Behindertenmagazin “Selbstbestimmt“ vom MDR einen Beitrag darüber mit
mir als gelehrigem Tauchschüler. Mein Reha-Träger
zeigt für diese Experimente auch Interesse, so daß dort noch einiges zu
erwarten bleibt. Zweimal im jahr bin ich Gast zu einer
Weiterbildungsmaßnahme für Ärzte, wo wir über den körperlichen Nutzen
des Tauchens an sich referieren, um es an berufener Stelle bekannt zu
machen. Deutschland ist diesbezüglich ein schwarzes Loch, woran sicher
nicht die Mediziner verantwortlich zeichnen. Vielmehr bezahlen die
Krankenkassen lieber eine teure Behandlung (mehr) als durch Prophylaxe
und Erhöhung der Lebensqualität den Rehabilitanden psychisch wie auch
physisch gegen Widrigkeiten des Alltags zu wappnen. Lebensqualität
steht leider nicht im Hilfsmittelkatalog )-:
-
Arbeit im althergebrachten Sinne - bis auf ein paar Computer-Lehrgänge mit mir als Lektor an der
Kreisvolkshochschule Bitterfeld und verschiedener Anfragen aus dem Netz
betreffs meiner Übersetzerfähigkeiten war nichts entscheidendes dabei. Betrachte ich aber die Tendenz auf dem Arbeitsmarkt hin zum rücksichtslosen Auspressen des letzten Quentchens Arbeitsenergie, bin ich froh, dieser “Tretmühle“ entronnen zu sein mal abgesehen davon, daß ich bei der Vielzahl von Interessen kaum noch Zeit dafür hätte. Wohl gemerkt, ich bin nicht faul geworden, denn Videoschnitt bedeutet im Endeffekt zuweilen auch Arbeit “im Steinbruch“ oder wie ich zu sagen pflege, die Durchquerung eines Tunnels, wo irgendwann mal wieder Licht am Ende zu sehen ist, die unter Umständen 16 Stunden pro Tag dauern kann.
- Dieser Stress ist im Gegensatz zu dem Druck, der von kennzahlengeilen Chefs ausgeübt wird, aber selbst gewählt und wird deshalb nicht als erschöpfend empfunden.
Somit
weitete sich diese anfängliche Freizeitbeschäftigung zu einer Tätigkeit
aus, die einer vollen Beschäftigung gleichkommt. Dabei ist es nicht nur das Verarbeiten der Bilder - eigene wie von die von Partnern - sondern vor allem auch das Einbringen eigener Ideen im Kommentar, was zu Beginn nicht einfach war. Zunehmende Selbstsicherheit wie auch das Lockern der Zunge mit einem Glas Rotwein waren gute Hilfsmittel - nicht nur im Film.
Diese Tätigkeit erlaubt mir das Formulieren von
Gedanken, wie es mir die Sprache allein nicht ermöglicht - ein Bild sagt ja
bekanntlicherweise mehr als 1000 Worte - interessant ist es dann mit zu
erleben, wenn andere diese Gedankengänge teilen. Dies scheint auch auf allgemeines Interesse zu stoßen, wie der Wunsch nach dem Realisieren von Videoprojekten beweist.
- Konkrete Projekte sind in den vergangenen Jahren zu Filmen,
Ausrüstung und Herangehen an ein Filmprojekt sind immer
professioneller, der Kommentar ist spitzer geworden, um einerseits
Erinnerungsstücke für gestreßte Gartenbahner, die bei der Ausstellung
auf ihre Fahrzeuge aufpassen mußten, oder auch wie im Falle des 9.
Echtdampfhallentreffens Werbevideos zu schaffen, die anders als
Urlaubsvideos immer mal vorgekramt werden. Trotzdem bleibt das Kribbeln
im Bauch, wenn ich an ein neues Projekt heran gehe.
- Zahlreiche Videoprojekte in Verbindung mit der Organisation von Gartenbahn- wie auch anderen Modelltreffen ließen mich Ende des Jahrzehnts an die Grenzen meiner engen körperlichen Fähigkeiten kommen. 3 gebrochene Rippen und eine in Mitleidenchaft gezogene Lunge forderten einige wichtige Entscheidugen zum Nein-Sagen, was nicht einfach, aber notwendig war. Immerhin existieren auf YouTube bzw. VIMEO zahlreiche Kostproben, die im Rahmen eines Bahnkaleidoskops in LeipzigFernsehen bzw. später bei SachsenFernsehen gelaufen sind. Und obgleich die Sendung "Verrückt nach Eisenbahn - Modellbauer in ihrem Königreich" von 1998 schon einige Jährchen auf dem Buckel hat, findet sie in der nächsten Generation immer noch interessierte Zuschauer.
- Dies hatte auch zur Folge, daß man in der Kombination Rollstuhlfahrer und Gartenbahn europaweit sprichwörtlich zum "bunten Hund" wurde. Höhepunkte waren da sicher die mehrmaligen Teilnahmen als Journalist/Teilnehmer an der Hobby - Modell - Spiel mit je mehr als 100.000 Zuschauern. Aber(!) - zuhause wurde die inzwischen über 20 Jahre alte Gartenbahnanlage nicht besser und die eigenen Fahrzeuge waren auf fremden Schienen mehr unterwegs als auf den eigenen. Es mußte also etwas passieren, damit das Hobby zuhause nicht sterben sollte. Das Ergebnis von 5 Monaten Vorbereitung und 4 Monaten harter Arbeit kann hier betrachtet werden.
-
Allerdings macht auch das Alter mit all seinen unangenehmen Begleiterscheinungen vor dem Rollstuhl nicht halt, immerhin lebe ich ja nun ein knappes halbes Jahrhundert mit dem vierrädrigen Hilfsmittel mit all seinen Höhen und Tiefen. Das betrifft nicht nur die notwendige Brille, die man zum Lesen des Kleingedruckten auf den Akkus braucht. Berücksichtigt man nun, daß die ursprüngliche Prognose 1976 mal gerade 5 Jahre betrug, habe ich das etwas ausdehnen können (-; - nicht zuletzt auch durch die Fortschritte in der Medizin bzw. der Bemühungen der beteiligten Ärzte und des Pflegepersonals. In der heutigen schnellebigen Zeit wird dem für meine Begriffe viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt - deshalb an der Stelle mal ein ausdrückliches Dankeschön dafür.
-
Denn bin ich immerhin zur Beantragung einer anpaßbaren Regelaltersrente “eingeladen“ worden - man beachte die aparte Wortwahl (!) - zu DDR-Zeiten hatte ich als Dolmetscher/Fachübersetzer offensichtlich genug verdient, daß auch was zurückkommt. Allerdings machte Mutter Natur es mir nicht gerade leicht - 2021 3 gebrochene Rippen, wobei eine in der Lunge steckte, 2024 war es dann eine lockere Schraube in einem Knie als Befestigung eines Titanstahlnagels
- als Modellbahner haben wir doch immer eine Schraube locker (-; - in Tateinheit mit der Tatsache, daß ich plötzlich “steinreich“ war, was mit passendem Hämmerchen rausgeklopft wurde - was dann immer gleich monatelange Aufenthalte im Querschnittszentrum nach sich zieht. Wir betreten hier immerhin medizinisches Neuland, denn es gibt nicht mehr viele hochgradig Gelähmte, die Ihren Unfall im vorigen Jahrhundert hatten. Das hatte dann auch zur Folge, daß ich mich ein wenig aus dem “Tagesgeschäft“ von Filmerei und Ausstellungen zurückgezogen habe. Das Hobby ist aber immer noch aktuell und weitere Aufgaben warten darauf umgesetzt zu werden, allerdings gelten nach Jahren unverändert einige wichtige Prämissen:
1. Obwohl ich im Laufe einer Filmproduktion oder Ausstellung
teilweise heftig zu tun habe, wüßte ich nicht, ob ich mich noch
mal dem “Stress“ eines Bürojobs
aussetzen würde - wahrscheinlich nur, weil es Spaß
macht. Einen unduldsamen Chef oder neidische Kollegen würde
ich nicht akzeptieren. Sicher muss man sich diese Einstellung “leisten“ können (oder auch wollen). Zum anderen passiert es zu einem großen Maße auch freiwillig.
2. Obgleich mich die Beschäftigung mit den “Zahlenmaschinen“
fasziniert, bleibt es doch ein Arbeitsgerät; mit anderen Worten, den
“Aus“-Knopf habe ich immer noch gefunden und gespielt wird mit anderen
Dingen .... (-;
3. Würde mein Unfall 1976 nicht dazwischen gekommen und ich als
Unbehinderter in der Welt unterwegs sein, wüßte ich nicht, ob es nicht
genauso facettenreich ablaufen oder ob ich “nur“ ein gelangweilter
oder gar arbeitsloser Ingenieur und Familienvater sein würde. Andere werden/würden dies vielleicht als
Luxus empfinden ... Ich leiste ihn mir. Für einen regelmäßigen Job nur zum Geldverdienen hätte ich sicher keine Zeit. Das Leben ist kürzer
als man es sich vorzustellen vermag.
4. Sollte es bis jetzt noch Zweifel geben, dann muß an der Stelle nochmals festgestellt werden - das Leben ist sogar in seiner normalen Form lebensgefährlich - da kommst Du lebendig nicht mehr raus.
Man sollte sich aber nicht täuschen - der dünne Faden, an dem das Leben hängt, ist dann sehr belastbar. Und .... je mehr ich versuche, das zu lernen um klüger zu werden, umso mehr geht es mir wie dem alten Sokrates, der feststellte: Ich weiß, dass ich nichts weiß...
5. Sollte mal wieder sich jemand nicht vorstellen können, wie ich im Rollstuhl Schnee räume oder eine Gartenbahnlok fahre, ist das nicht mein Problem. Das Schöne in diesem Land ist, daß ich mich nicht nach dem beschränkten Horizont anderer richten muß.
Sollte bei diesem oder jenem Interesse zum Info-Austausch
zu irgendeinem der hier aufgeführten Punkte (also
nicht nur Eisenbahn oder Tauchen) bestehen, kann er dies auf
folgende Weisen tun:
© Bahnrolli 27.10.2024 | Sitemap